Wie Du bei Deinem Pferd die Notbremse installierst

Nicht zum ersten Mal kam die Frage auf, was denn jetzt Reflexpunkte genau sind und wie man sie „installieren“ kann.

Deshalb möchte ich heute noch einmal ausführlich auf „meine“ Reflexpunkte eingehen und aus dem Nähkästchen plaudern, warum sie mir das ein oder andere Mal sehr nützlich waren!

Was ist nochmal ein Reflexpunkt?

Mit einem Reflexpunkt ist hier und heute kein „natürlicher Punkt“ gemeint, bei dem man einen unwillkürlichen Reflex auslösen kann.

Vielleicht kennst Du solche Punkt ja von Dir:

Der Arzt klopft mit einem kleinen Hämmerchen im Sitzen an Dein Knie und Dein Bein bewegt sich. Ohne, dass Du das kontrollieren kannst.

Und genau so etwas wollen wir bei unseren Pferden auch „installieren“. Sozusagen eine spontane Reaktion auf ein Signal, das das Pferd ausführt ohne darüber nachzudenken.

Zu verwirrend?

Ok, stell Dir vor Du möchtest Dein Pferd anhalten. Normalerweise verwendest Du dazu Deinen Sitz, manchmal auch die Zügel. Doch manchmal ist der Bremsweg ganz schön lang.

Vor allem in brenzligen Situationen oder auf Deiner Galoppstrecke im Gelände. Ein Reflexpunkt soll nun z.B. an dieser Stelle als „Notaus-Knopf“ dienen, der Dein Pferd dazu bringt, SOFORT anzuhalten – wenn Du ihn klug einsetzt.

UND Dir viel Zeit beim Training nimmt.

Denn so ein Reflexpunkt braucht vor allem eines: Zeit. Doch anschließend kann er Dir unglaublich nützlich sein! So wie mir beim Dreh von Ostwind.

Aus dem Nähkästchen geplaudert…

Vielleicht kennt ihr folgende Szene ja sogar aus dem Film: Mika reitet mit ausgebreiteten Armen im Galopp über den Stoppelacker. Alles sieht leicht, entspannt und ganz harmonisch aus – allerdings war der Weg zu dieser Filmeinstellung etwas heikel.

Denn beim Galopp über den Stoppelacker begleitete mich nicht nur ein Jeep mit einem Kamerateam zu meiner Seite und einem Kamerakran vorne weg, sondern auch eine Drohne sollte von hinten filmen, wie James und ich entspannt dahin galoppieren.

Leider fand James diese Situation vor allem zu Beginn alles andere als entspannt oder lustig. Und damit er mir in dieser Situation nicht bis sonst wohin galoppiert ist, war der Reflexpunkt unheimlich hilfreich!

Meine „Notbremse“ funktioniert nämlich über einen Punkt an der Gurtlage meiner Pferde, den ich mit meinen Sporen gezielt und fein ansprechen kann.

Diesen Punkt erwische ich natürlich nicht regelmäßig nicht „aus Versehen“ beim Reiten.

Zwei Leute haben James also zu Beginn der Einstellung festgehalten.

Dann ist die Drohne dröhnend gestartet und auf mein Kommando, wurde James losgelassen und schoss davon.

Ich saß währenddessen seelenruhig auf seinem Rücken, breitete die Arme aus und tat so als würde ich fliegen.

Es war vereinbart, dass die Drohne ein gutes Stück vorm Ende des Felds abdrehen und der Jeep bremsen würde, sodass James genug Zeit hatte, nicht mehr in nackter Panik davon zu laufen.

Gesagt, getan!

Irgendwann drehte die Drohne ab und der Jeep fiel hinter uns zurück. James galoppierte immer noch in einem Affenzahn, doch die blinde Panik war vorbei.

Also nutzte ich die Gelegenheit, touchierte meinen Reflexpunkt zum Stoppen und James stand. Er hatte gar nicht darüber nachgedacht, sondern einfach reagiert!

Natürlich hätte das in dem Moment blinder Panik mit der „Bedrohung“ von hinten nicht so gut funktioniert, doch indem ich abgewartet habe bis „das Schlimmste“ vorbei war, war der Reflexpunkt meine Lebensversicherung, sodass ich auch wirklich bis zum Ende des Feldes mein Pferd stoppen konnte – und James nicht zurück bin nach Spanien galoppierte ? 

Reflexpunkte – Deine Lebensversicherung

Einen ähnlichen Reflexpunkt habe ich übrigens auch für das Herkommen in der Freiarbeit. Diesen Punkt touchiere ich im Zweifelsfall mit meiner Gerte an der Schulter des Pferdes.

Meistens genügt aber schon das Geräusch, dass meine Pferde mit diesem Reflexpunkt verbunden haben, um „den Reflex“ auszulösen.

Heute möchte ich Dir zur Einführung in einem kurzen Video zeigen, wo der Punkt zum Bremsen genau ist und wie ich einzelne Punkte an meinem Bein unterscheide.

 

Ich benutze dabei Sporen, um diese Punkte gezielter ansprechen zu können – das ist jedoch nicht zwingend notwendig!

Wenn Du ein eher unruhiges Bein hast, solltest Du keine Sporen verwenden, denn dann verschwimmen diese Hilfen zusätzlich! Mir hilft es jedoch, die einzelnen Punkte genauer ansprechen zu können.

Um Deinem Pferd nun das zuverlässige Stoppen auf diesen Punkt beizubringen, solltest Du ihn natürlich zu Beginn mit Sattel und Trense (oder einem anderen Kopfstück Deiner Wahl) in einer „sicheren“ Umgebung üben.

Wichtig ist, dass Dein Pferd von Anfang an IMMER auf den Impuls reagieren muss!

Denn nur so lernt es, dass dieses Signal auch wirklich immer gilt – egal in welcher Situation. 

Zu Beginn solltest Du den Reflexpunkt natürlich aus dem Schritt üben.

Lass Dein Pferd einfach am aufgenommenen Zügel los gehen und stoppe es „ganz normal“ mit den Euch bekannten Hilfen UND dem Reflexpunkt.

Hält es zeitnah an, darfst es natürlich überschwänglich loben!

Das übst Du nun bis es im Schritt sicher sitzt, bevor Du dazu übergehst den Reflexpunkt im Trab anzusprechen oder nur noch den Reflexpunkt mit Deinem Bein zu touchieren.

Wichtig ist wirklich, dass Dein Pferd in der Trainingsphase IMMER reagiert – sonst bleibt auch diese Übung für Dein Pferd eine Lektion, die es im Zweifelsfall ignorieren kann.

Stell Dir dazu gedanklich gern auch einen „Sliding Stopp“ aus dem Westernbereich vor. Denn so soll diese „Notbremse“ ja im Zweifelsfall auch aussehen.

Verlange am Anfang nicht zu viel von Deinem Pferd und nimm die Zügel ggf. unterstützend hinzu, wenn Dein Pferd auf Deine Gewichts- und Schenkelhilfen nicht zuverlässig reagiert.

Das wichtigste ist, dass Du Dir Zeit lässt, um diese Basis zu festigen und nicht zu schnell, zu viel möchtest.

Klappt das im Schritt gut und hast Du den Impuls gefestigt, kannst Du dazu übergehen Deinen Reflexpunkt auch im Trab und ich Galopp zu üben.

Wenn Du die Grundlagen gut erarbeitet hast, sollte es dabei keine Schritte und keinen langen Bremsweg geben – sondern Dein Pferd sollte wirklich sofort die Bremse reinhauen.

Mach Dich also auch grundsätzlich darauf gefasst, dass Dein SOFORT stoppt ?

Nun heißt es einfach noch Geduld und Zeit – viel Geduld und Zeit! Dann kannst auch Du in Zukunft in brenzligen Situationen von dieser „Notbremse“ profitieren.

Ich kann Dir jedenfalls sagen, dass es sich viel entspannter reitet, wenn man weiß, dass es diese Bremse gibt.

Und auch Filme lassen sich in der ein oder anderen Extremsituation gelassener drehen, wenn man weiß, dass das Pferd nicht bis nach Hause rennt ?

In diesem Sinne viel Spaß und Geduld beim Üben!

Alles Liebe!

Deine Kenzie

"So startest Du erste Führübungen in der Freiarbeit..."

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