Dein Pferd „klebt“ an seiner Herde – woran liegt das?

Vielleicht hast du schon mal intensiv darüber nachgedacht, wie dein Pferd eigentlich tickt.

Warum es sich so oder anders verhält – und ob es dafür einen Grund hat?

Nur wenn wir lernen unser Pferd wirklich zu verstehen, können wir an den Ursachen arbeiten, statt immer nur die Symptome mit unserem Training zu bekämpfen. 

Es ist also unheimlich wertvoll, nicht nur die Sprache deines Pferdes zu verstehen und eine gemeinsame Sprache zu sprechen.

Es ist auch super spannend, dich mit den Instinkten deines Pferdes vertraut zu machen – denn die machen uns in unserer modernen Welt meist die größten „Probleme“ 😉 

Wenn dein Pferd sich also zum Beispiel nur schwer von seiner Herde trennen kann oder an einem bestimmten Pferdekumpel klebt, ist der Blog heute genau das richtige für dich!

Die Pferdeherde

Pferde sind Herdentiere. Doch was bedeutet das nun eigentlich?

In erster Linie heißt das, das Pferde andere Pferde brauchen um sich wohl zu fühlen.

Sie brauchen soziale Kontakte.

Nicht, weil sie sich ohne andere Pferde einsam fühlen (wie wir ab und an, wenn wir mal sturmfrei haben oder alleine leben), sondern weil sie andere Pferde wirklich brauchen um sich sicher zu fühlen.

Denn Pferde denken natürlich anders als wir, sind nicht rational – deshalb ist es seit Jahrtausenden ihr Instinkt, der sie davor warnt, dass sie alleine ohne schützende Herde den Raubtieren ausgeliefert sind.

Für ein Pferd ist „keine Herde“ fast damit gleichzusetzen, zu sterben.

Denn nur mit Hilfe der Herde kann sich das Pferd entspannen und schlafen, weil in dieser Zeit ein anderes Pferd aufpasst. Außerdem sehen und hören mehr Augen und Ohren einfach mehr – und nehmen die drohende Gefahr früher wahr.

Und auch wenn einem einsamen Pferd heute im Stall keine Gefahr mehr drohen würde, so ist dieser Instinkt einfach ganz tief in jedem Pferd verwurzelt – bei den einen mehr, bei den anderen vielleicht weniger.

Ganz zu schweigen von ihrem „einzigen Lebenssinn“: Der Erhaltung ihrer Art – den sie bei uns nicht ausleben dürfen oder können.

Deshalb ist es so wichtig, dass dein Pferd eine neue „Aufgabe“ bekommt, die es motiviert, auch wenn seine Herde vielleicht nicht immer in der Nähe ist, sondern nur der vertraute Zweibeiner.

Die Bedürfnisse deines Pferdes

Zu allererst hilft es meiner Meinung nach vor allem beim Thema „Kleben“ schon enorm, wenn man versteht, woher dieses Verhalten kommt – und was dein Pferd nicht aufgeben möchte, wenn es seine Herde nicht verlassen möchte:

Seine Sicherheit, seine Aufgabe (v.a. wenn dein Pferd ein sehr ranghohes Tier ist) oder seinen Zugang zu Ressourcen (Futter und Wasser).

Vielleicht hast du schon einmal etwas von der sogenannten Bedürfnispyramide gehört?

Sie gilt nicht nur für uns Menschen, sondern sicher auch in ähnlicher Form für unsere Pferde.

Das bedeutet, dass zu allererst die physiologischen Bedürfnisse deines Pferdes gedeckt sein müssen: Wie Futter, Wasser und Schlaf.

Sind diese Grundbedürfnisse gedeckt, wird die nächste Stufe der Pyramide wichtig: Das Sicherheitsbedürfnis.

Bei unserem Pferd kommt nach dem nackten Überleben also schon tatsächlich der Schutz der Herde – denn das Sicherheitsgefühl geht wie weiter oben schon beschrieben direkt mit der nächsten Stufe der Bedürfnispyramide einher: Den sozialen Bedürfnissen. 

Das sind demnach die Grundpfeiler, die schon in der Haltung gegeben sein sollten, um ein harmonisches Miteinander mit deinem Pferd zu gewährleisten. Und ein möglichst ausgeglichenes Pferd zum Partner zu haben.

Die nächsten beiden Stufen – Individualbedürfnisse und Selbstverwirklichung – sind bei Pferden dann nicht mehr so essenziell wie in der menschlichen Psychologie, doch auch Pferde streben nach Anerkennung und Wertschätzung – sie wollen uns Menschen oft wirklich gefallen.

Im Bereich Selbstverwirklichung könnte es dann um besondere Talente deines Pferdes gehen, die du gezielt fördern kannst, doch wir schweifen vom Thema ab 😉 

Warum klebt dein Pferd also an seiner Herde?

Fangen wir mit einer kleinen Bestandsanalyse an. Der erste Punkt: Körperliche Bedürfnisse.

Möchte dein Pferd die Herde vielleicht nicht verlassen, weil es gerade Hunger hat? 

Auch wenn der Hunger (hoffentlich!) meist nicht so groß ist, dass der Körper des Pferdes darunter leiden würde, wenn es JETZT sofort nichts fressen könnte, so ist dieses Phänomen doch oft zu beobachten, wenn die Pferde gerade erst auf die Weide durften und seit wenigen Minuten fressen.

Viele Pferde haben gelernt, dass sie nicht mehr fressen können, sobald sie sich vom Menschen einfangen lassen und laufen deshalb davon, bis der (ganz individuelle) Grundbedarf an Gras gedeckt ist – aber darüber haben wir ja schon im letzten Blogbeitrag gesprochen 😉 

Meistens fangen die Probleme auf den nächsten beiden Stufe an: Dem Sicherheitsbedürfnis und den sozialen Bedürfnissen.

Einfacher ausgedrückt: Dein Pferd fühlt sich bei dir nicht wirklich sicher oder ist nicht davon überzeugt, dass du die Situation im Griff hast und trifft deshalb eigene Entscheidungen z.B. dass es sich los reißt und zu seiner Herde zurück läuft.

Du musst deinem Pferd also klar machen, dass du gute Führungsqualitäten besitzt und es sich lohnt, auf dich zu achten.

Vertrauen und Respekt sind natürlich auch hier wieder die Schlüsselwörter.

Das bedeutet, dass du, um dein Pferd bald entspannt von der Herde trennen zu können, dafür sorgen musst, dass es Vertrauen in deine Entscheidungen bekommt.

Dazu gehört, dass es feste Regeln gibt, die eingehalten werden müssen, z.B. ein gewisser Abstand, nicht rempeln und schubsen oder beißen, beim Führen nicht überholen usw.

Doch es ist wichtig, dass du diese Regeln klar, aber nicht mit Härte oder aufgestauten Emotionen verteidigst!

Denn Dominanz wird oft mit Härte oder Durchsetzungsvermögen und Strafe verwechselt – dabei schätzen Pferde Klarheit und Berechenbarkeit – und beides muss und sollte nichts negatives sein!

Strahle also Ruhe aus, wenn du dein Pferd von der Koppel holst und begib dich mit ihm für den Anfang in einen geschützten Rahmen, also auf den Platz, in die Halle oder ins Roundpen.

Fang nun an, in diesem geschützten Rahmen an eurem „Problem“ zu arbeiten – du darfst dabei ruhig kreativ werden!

Ziel ist es, es deinem Pferd immer möglichst einfach zu machen, das zu tun, was du dir von ihm wünschst.

Hast du beispielsweise ein sehr hibbeliges und nervöses Pferd, verlange am Anfang nicht von ihm stehen zu bleiben.

Gib ihm besser eine Aufgabe das seinem Wesen entspricht, beispielsweise verschiedenste Hufschlagfiguren oder Seitengänge in Bewegung, damit es seine Nervosität über die Bewegung abbauen kann, aber gleichzeitig im Kopf gefordert wird.

Hast du eher ein faules und gemütliches Pferd, hilft es in sehr kurzen „Arbeitseinheiten“ zu trainieren und es schon nach 3 erfolgreichen Schritten seitwärts mit einer Pause zu belohnen.

Hast du ein ängstliches Pferd kann es helfen, wenn du dafür sorgst, dass ihr gemeinsam unter deiner Anleitung Herausforderungen meistern könnt – und das Vertrauen deines Pferdes in dich und in sich selbst mit jeder Trainingseinheit wächst, während ihr gemeinsam „kontrollierte Gefahren“ wie Planen, Flatterbandvorhänge, Stangenmikado, Reifensprünge oder Regenschirme bezwingt. 

Deiner Fantasie sind im Pferdetraining keine Grenzen gesetzt – du musst sie nur nutzen!

Und du wirst spüren, wie ihr mit jedem Erfolg ein Stück mehr zusammenwachst.

Das wichtigste ist, dass du dir sicher bist in dem was du tust.

Dass du Ruhe und Zuversicht aber auch Selbstbewusstsein ausstrahlst – vor allem innerlich aber auch äußerlich über deine Körpersprache. 

Stell dir vor, du weißt einfach genau, was du tust und hast alles im Griff – dann kommt der Erfolg, mit dem du das Training positiv abschließen kannst (und immer solltest) auf jeden Fall. 

Dabei ist es übrigens egal, wie lange das Training gedauert hat und ob du überhaupt bis zum geschützten Raum gekommen bist.

Dein Gefühl sagt dir, wann dein Pferd kurz davor ist, die Nerven zu verlieren und wo gerade seine Grenze ist.

Diese Grenze kannst du nur durch regelmäßiges üben, üben und nochmal üben verschieben – auch wenn sich dein Pferd am Anfang nur 10 Meter entspannt von seiner Herde entfernen kann.

Beim nächsten Mal sind es dann vielleicht schon 20 Meter, beim nächsten Mal 30 Meter und so weiter. Routine macht den Unterschied!

In meinem Video erkläre ich dir nochmal, wie ich das Training aufbauen würde.

 

Wichtig ist, dass ihr mit einem Erfolg aufhört, der das Vertrauen deines Pferdes in dich stärkt – dazu muss die Situation nicht erst eskaliert sein und du dich durchgesetzt haben.

Das ist alles eine Frage des Charakters – auf beiden Seiten! – und ein kurzes, aber erfolgreiches Training mit einem halbwegs entspannten Pferd kann vor allem bei diesem Thema viel wertvoller sein, als 2 Stunden Stress für alle Beteiligten. 

Hör auf dein Gefühl – und hör genau hin <3 Wo Verständnis beginnt sind Respekt und Vertrauen nicht weit!

Alles Liebe,

Deine Kenzie

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