So kannst Du Dein Pferd erfolgreich auf der Koppel einfangen

Na, bist du heuer deinem Pferd schon mal erfolglos nachgerannt?

Je nachdem ob dein Pferd zu den Schlitzohren gehört oder nicht, kann die ungewohnte Freiheit auf der Koppel – falls es nicht das Glück hat ganzjährig auf der Koppel zu stehen – dann kannst du diesmal wahrscheinlich eher nicht mitreden 😉 – schon mal verlockend sein.

Vor allem, wenn die Zeit im grünen Gras am Anfang stark begrenzt ist.

Deshalb möchte ich dir heute ein paar Tipps und Hintergrundinfos mit an die Hand geben, wie du dein Pferd von der Koppel holen solltest – natürlich auch über die Zeit des Anweidens hinaus.

Und das ist sicher für alle interessant, deren Pferd sich manchmal schwer einfangen oder nur ungern von seiner Herde trennen lässt.

Auf dein Pferd zugehen

Vor allem sensible Pferde nehmen uns und unsere Körpersprache oft viel intensiver wahr, als uns oft bewusst ist.

Denn schon die Art, wie du auf dein Pferd zugehst, könnte ein Grund für dein Pferd sein, sein Heil in der Flucht zu suchen 😉 

Höfliche Pferde gehen nämlich nie direkt frontal aufeinander zu, sondern immer in einem Bogen Richtung Schulter.

Wichtig ist, dass du dabei deine Körperenergie nicht „auf dein Pferd schleuderst“, sondern entspannt und ausgeglichen an es heran trittst.

Stelle dich bei der Begrüßung schon auf dein Pferd ein.

Schau wie es heute gelaunt ist. Und sei so respektvoll, wie du es dir auch von deinem Pferd wünschst.

Du kommst gar nicht erst bis zu deinem Pferd?

Das kann unterschiedliche Ursachen haben.

Jetzt in der Zeit des Angrasens ist es wahrscheinlich, dass dein Pferd gelernt hat, dass mit dem Grasen Schluss ist, sobald der Mensch kommt.

Dem kannst du von vornherein vorbeugen, indem du nicht ausschließlich zu deinem Pferd kommst, es fest machst und direkt mit schleppst.

Es ist viel sinnvoller auch zwischendurch immer wieder mal zu deinem Pferd zu gehen, es kurz zu streicheln, neben ihm zu stehen und die entspannte, gemeinsame Zeit zu genießen und dann wieder zu gehen – gerne auch mehrmals ein paar Minuten hintereinander.

Dass der Mensch kommt und geht sollte für dein Pferd zur Routine werden – und kein Zeichen von „Gameover“ 😉 

Machst du dein Pferd schließlich fest, ist es sinnvoll, noch ein oder zwei Minuten mit deinem Pferd am Strick ruhig stehen zu bleiben und es weiter grasen zu lassen.

Eben damit es gar nicht erst lernt, dass der Spaß vorbei ist, sobald man einen Menschen an sich heran lässt.

Diese eine Minute Ruhe und „gemeinsam Gras fressen“ solltest du dir also so oft wie möglich nehmen, um keine kontraproduktive Verknüpfung auf dein Auftauchen hin zu etablieren.

Ist das Kind aber sozusagen schon in den Brunnen gefallen und dein Pferd weiß, dass das Auftauchen des Menschen nichts Gutes bedeuten kann, wird es natürlich etwas schwieriger, deinem Pferd dieses Verhalten wieder abzugewöhnen.

Denn sobald dein Pferd vor dir davon gelaufen ist und einen Happen Gras bekommen hat, hat es sich für dein Pferd schon gelohnt – denn es hat sich selbst mit Futter für sein unerwünschtes Verhalten belohnt.

Deshalb ist es nun extrem wichtig, dass du dieses selbstbelohnende Verhalten unterbrechen kannst – und ein alternatives Verhalten aufbaust.

Wie du vorgehst, hängt grundsätzlich immer von dem Charakter deines Pferdes und seinem Trainingsstand ab.

Hat es beispielsweise schon am Strick Schwierigkeiten, sich auf dich einzulassen und zieht dich eher durch die Gegend?

Dann geh am besten einen Schritt zurück und übe mit deinem Pferd zuerst, dass du bestimmst, wann gefressen wird und wann es Zeit ist, weiter zu gehen.

Fällt euch auch das schwer, weil dein Pferd kaum auf deine Signale reagiert, gehst du vielleicht sogar noch einen Schritt weiter zurück und übst zuerst vom Boden aus (ohne Gras als Ablenkung), dass dein Pferd vor dir weicht und es Spaß machen kann, zuzuhören und gemeinsam an den verschiedensten Lektionen zu arbeiten.

Annäherung und Rückzug – Timing ist alles!

Klappt all das und dein Pferd läuft trotzdem konsequent auf der Wiese vor dir davon, hilft es nun nur noch, ihm das richtige Verhalten so angenehm wie möglich zu machen – und das unerwünschte Verhalten unangenehm.

Das Ziel ist es jedoch auch dabei, so positiv wie möglich mit deinem Pferd zu arbeiten – schließlich sollt ihr zusammen Spaß haben und nach Möglichkeit nicht über einander ärgern 😉

Reagiert dein Pferd also auf die Annäherung extrem sensibel, kannst du mit einem kleinen „Annäherungs-Spiel“ starten.

Dabei ist Timing extrem wichtig – beobachte dein Pferd also genau und sei schnell. Denn je weniger „Fehler“ du machst, umso besser lernt dein Pferd.

Gehe nun also in einem Bogen Richtung Schulter auf dein Pferd zu und beobachte genau, wann es beginnt sich anzuspannen.

Bevor es sich nun bewegt oder davon läuft, stoppst du, verharrst kurz und drehst dich dann um und gehst wieder ein Stück weg.

Auch wenn du dein Pferd dabei nicht berührst, baust du dadurch „Druck“ auf, den du wieder weg nimmst, wenn dein Pferd das gewünschte Verhalten – stehen bleiben – zeigt, indem du wieder weg gehst. 

Mit diesem „Spiel“ schaukelst du dich jetzt Stück für Stück näher an dein Pferd heran.

Übrigens ganz egal, was „näher“ für dein Pferd bedeutet – es können dabei auch 2, 5 oder 20 Meter Abstand zwischen euch sein.

Oft hilft es auch, wenn du es dir in dem Abstand, der sich für dein Pferd gerade noch gut anfühlt, bequem machst und „einfach da“ bist.

Wichtig ist, dass du schon immer recht nah an die Grenze deines Pferdes gehst, an die Schwelle kurz bevor es weg laufen würde, um irgendwann auch tatsächlich näher zu kommen.

Denn mit diesem „Annäherungsspiel“ verschiebst du Schritt für Schritt diese Grenze – und bringst deinem Pferd bei, dass eine Annäherung nicht unbedingt das Ende vom Grasen bedeutet.

Solltest du es mit dieser Methode schon schaffen, an dein Pferd heran zu kommen, mach es bitte nicht direkt fest.

Streichle es kurz und geh wieder weg.

Damit durchbrichst du nämlich den bisher bekannten Teufelskreis.

Wenn du dein Pferd nun festmachst, nimm dir die Zeit und lass es auch am Strick noch grasen.

Mir ist natürlich bewusst, dass man vor allem beim Angrasen zu Beginn nur wenig Zeit hat, aber diese Minute solltest du dir für den langfristigen Erfolg unbedingt nehmen.

Ansonsten solltest du dein Pferd am Anfang besser am Strick grasen lassen, bis die Zeit ausreicht, um einen positiven Trainingseffekt zu erreichen.

Von links nach rechts im Wechsel

Das „Annäherungs-Spiel“ funktioniert dennoch nicht bei allen Pferden.

Denn oft sind sie mit dem davon laufen so oft „durchgekommen“ indem sich das Verhalten selbst belohnt hat, dass kaum noch eine Annäherung möglich ist, bevor sich das Pferd nicht bewusst entscheidet, diese auch zuzulassen.

Bei solchen Pferden hilft es leider oft nur, ihnen das unerwünschte Verhalten „ungemütlich“ zu machen, wenn im Vorfeld einfach schon zu viel passiert ist.

Dazu gehst du mit deinem Pferd am besten auf eine relativ kleine Koppel – ansonsten brauchst du vorher vielleicht ein bisschen Fitnesstraining bzw. braucht du hinterher sonst auf jeden Fall keines mehr 😀 

Denn du wirst nun deinem Pferd beibringen, dass es Grasen darf, wenn du in seiner Nähe bist – dass du es aber nicht zulässt, dass es frisst, wenn es vor dir davon läuft.

Wenn dein Pferd nun vor dir davon läuft treibst du es von dir weg.

Da Bewegung jedoch für viele Pferde auch eine Form der Belohnung sein kann und es so ja dauerhaft vor dir weglaufen würde, verhältst du dich genau so, wie du dich auch verhalten würdest, wenn dein Pferd dir in der Freiarbeit davon läuft:

Du schickst es in möglichst kurzen Abständen (am einfachsten ist an der kurzen Seite der Koppel oder in einer Ecke) von links nach rechts bis es sich dir zuwendet.

Du schneidest ihm also mit deiner Körpersprache immer wieder den Weg ab, bis es „gesprächsbereit“ ist und sich zu dir dreht. 

Nun kannst du, wenn du das Gefühl hast, dass dein Pferd dir folgt ein Stück weg gehen und so den Druck raus nehmen und dein Pferd belohnen.

Folgt es dir, berührst du es kurz und lässt es wieder fressen.

In diesem Fall muss dir dein Pferd allerdings nicht zwangsweise folgen, da das ja keine „Folgeübung“ im klassischen Sinn ist, sondern dein Pferd sich „nur“ vom Gras abholen lassen soll, ohne vor dir davon zu laufen.

Du kannst also auch direkt auf dein Pferd zugehen, es kurz streicheln und anschließend wieder fressen lassen. 

Viele Pferde sind zu Beginn der Übung sehr irritiert und du musst ihnen tatsächlich wieder ein paar Meter Luft geben, bevor sie weiter fressen.

Wichtig ist, dass du sie wirklich auch wieder fressen lässt – denn nur dann lernt dein Pferd, dass es zum gewünschten Ziel kommt (Gras fressen) wenn es einfach stehen bleibt und dich in seinen Bereich kommen lässt. 

Am besten wiederholst du nun das „Annäherungs-Spiel“ mehrmals – und lässt dein Pferd falls es wegläuft so lange drehen, bis es dich an sich heran lässt, um anschließend wieder weg zu gehen.

Möchtest du die Koppel dann tatsächlich verlassen, machst du dein Pferd an den Strick und lässt es noch ein zwei Minuten fressen, bevor ihr tatsächlich geht. 

Die meisten Pferde haben dieses Prinzip sehr schnell verstanden.

Oft ist es für uns Menschen viel schwieriger, gut im Timing zu sein und das richtige Verhalten durch Annäherung bzw. Rückzug zu belohnen. Hab also Geduld mit deinem Pferd – aber auch mit dir 😉 

 

Da für einige Pferde aber nicht das Einfangen selbst das Problem ist und auch nicht das Ende des Grasens sondern vielmehr die Trennung von der Herde, möchte ich auch im nächsten Blogbeitrag noch einen Schritt weiter gehen und auf diese Problematik eingehen.

Denn dann kann der Sommer guten Gewissens kommen, oder? 😉

Alles Liebe, 

Deine Kenzie

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